Empfohlen von Anna Zehetmeier
„Der Partisan und der SS-Mann – Zwei deutsch-italienische Biografien im 20. Jahrhundert“ ist ein Buch, das mich durch seine ungewöhnliche Gegenüberstellung zweier deutscher Lebenswege in Italien nachhaltig beeindruckt hat. Es ist nicht nur historisch fundiert, sondern auch erzählerisch eindringlich – fast wie eine dokumentarische Reise durch Erinnerung, Moral und Geschichte. Was mich besonders fesselte: Wie Wassermann die Biografien von Eugen Dollmann, dem kultivierten SS-Offizier, der tief in die faschistischen Machtzirkel eingebettet war, und Heinz Riedt, dem stillen, mutigen Literaturstudenten, der als deutscher Antifaschist mit den italienischen Partisanen kämpfte, aufeinanderprallen lässt. Dabei wird deutlich, wie sehr Ideologie, persönliche Entscheidungen und gesellschaftliche Strukturen Lebenswege formen. Ein Aspekt, der im Buch nur angedeutet wird, mir aber wichtig erscheint: Heinz Riedt war nicht allein. Rund 200 bis 300 Deutsche kämpften während des Zweiten Weltkriegs auf Seiten der italienischen Resistenza – viele von ihnen Deserteure, politische Flüchtlinge oder Idealisten wie Riedt, der der kommunistisch geprägten Garibaldi-Brigade nahe stand. Diese internationale Seite des Widerstands bleibt oft unbeachtet und hätte mehr Raum verdient. Auch Dollmanns Rolle im faschistischen Netzwerk, etwa als Verbindungsmann zwischen SS, Gestapo, Mussolini und Vatikan, wird nur bis zu einem gewissen Grad durchleuchtet. Das Buch eröffnet Perspektiven auf wenig bekannte Kapitel deutsch-italienischer Geschichte und regt dazu an, über Verantwortung, Mitläufertum und Zivilcourage nachzudenken – nicht abstrakt, sondern am Beispiel zweier faszinierender Lebensläufe.“
Vom Buchrücken: Beide liebten Italien, die Lebensart, die Kultur, die Sprache, und waren ausgesprochen italophil. Sie hätten Freunde sein können. Doch der Historiker Eugen Dollmann (1900-1985) und der Literaturstudent Heinz Riedt (1919-1997) schlugen im Zweiten Weltkrieg diametral verschiedene Richtungen ein: Dollmann war einer der höchsten SS-Offiziere im besetzten Italien, Riedt Antifaschist und Partisan.
Der Autor begibt sich auf Spurensuche in Italien und Deutschland und erzählt auch die Nachkriegsgeschichte im geteilten Deutschland. Dollmann, der »Dolmetscher der Diktatoren«, blieb in der Bundesrepublik unbehelligt und biederte sich den Geheimdiensten an. Riedt lebte bis zum Mauerbau in der DDR, übersetzte u. a. Primo Levis Buch »Ist das ein Mensch?« und verbrachte seine letzten Lebensjahre auf Procida.
ISBN: 978-3-96289-222-7